Das
OLG Hamm hat im Jahre 1999 eine grundsätzliche Entscheidung zu der
Annahme durch Eheleute getroffen: Auf die
Volljährigenadoption sind nach § 1767 Abs. 2 BGB die Vorschriften über
die Annahme Minderjähriger sinngemäß anzuwenden, soweit
sich nicht aus den §§ 1767 ff. BGB etwas Abweichendes ergibt. Dies
ist hinsichtlich der Frage, ob eine natürliche Person ein Kind
annehmen kann, nicht der Fall, so dass es bei der Anwendung der
Grundnorm des § 1741 Abs. 2 BGB verbleibt.
Nach
Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift kann eine nicht verheiratete Person
ein Kind nur allein annehmen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann ein
Ehepaar ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen. Von diesem Grundsatz
sehen die beiden folgenden Sätze des § 1741 Abs. 2 BGB nur 2
Ausnahmen vor: Diese betreffen zum einen den Fall, dass ein Ehegatte
das Kind seines Ehegatten allein annehmen kann (Satz 3). Die
Kindesannahme durch einen Ehegatten allein ist ferner dann zulässig,
wenn der andere Ehegatte das Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig
ist oder das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Bereits
der Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift ergibt danach, dass der
Gesetzgeber von dem Grundsatz ausgegangen ist, dass eine Person bei
bestehender Ehe ein Kind nur gemeinschaftlich mit seinem Ehegatten
annehmen kann. Von diesem Grundsatz sieht das Gesetz nur eng begrenzte
Ausnahmen vor. Insbesondere lässt das Gesetz die Annahme durch einen
Ehegatten nicht zu, wenn die Ehegatten bereits längere Zeit getrennt
leben. Die gesetzliche Vorschrift lässt sich über ihren
unzweideutigen Wortlaut hinaus nicht dahin auszulegen, dass der
Grundsatz der ausschließlich gemeinschaftlichen Kindesannahme durch
Ehegatten einer weiteren Ausnahme unterliegt, wenn diese längere Zeit
und dauerhaft getrennt leben. Der Hinweis auf die Vorschrift des §
1749 Abs. 1 BGB kann nicht zu einem anderen Auslegungsergebnis führen.
Nach dieser Vorschrift ist zur Annahme eines Kindes durch einen
Ehegatten allein die Einwilligung des anderen Ehegatten erforderlich,
die hier beigebracht ist. Die Vorschrift setzt jedoch nach ihrem
Wortlaut und systematischem Zusammenhang voraus, dass eine
Kindesannahme durch einen Ehegatten allein überhaupt möglich ist,
enthält also keine sachliche Einschränkung des § 1741 Abs. 2 BGB.
Dementsprechend erfasst § 1749 Abs. 1 BGB nur wenige
Fallkonstellationen.
Dieses
Auslegungsergebnis entspricht dem
Willen des Gesetzgebers, wie es auch
in den Materialien zum Adoptionsgesetz
vom 02.07.1976 zum Ausdruck gekommen ist. Nach § 1746 Abs. 1
BGB in der bis zum 31.12.1976 geltenden Fassung konnte Beteiligter
eines Kindesannahmevertrages auch ein Ehegatte allein sein, sofern der
andere Ehegatte - insoweit übereinstimmend mit § 1749 Abs. 1 BGB n.F.
- dazu seine Einwilligung erteilte. Nur die Annahme eines Kindes als
gemeinschaftliches Kind war nach § 1749 Abs. 1 BGB a.F. einem Ehepaar
vorbehalten. Mit dem Adoptionsgesetz hat der
Gesetzgeber in diesem Punkt eine grundlegende Neubewertung
vorgenommen. In der Begründung des Gesetzesentwurfes der
Bundesregierung ist dazu ausgeführt, nunmehr solle die Annahme eines
Kindes durch ein Ehepaar in den Vordergrund gestellt und vom
bisherigen Recht abweichend bestimmt werden, dass ein Ehepaar
ein Kind grundsätzlich nur gemeinsam annehmen könne. Ziel
des Gesetzes sei es, die Eingliederung des angenommenen Kindes in den
Familienverband des Annehmenden und die Gleichstellung des
angenommenen Kindes mit anderen Kindern des Annehmenden zu fördern.
Dazu sei es erforderlich, ein Verwandtschaftsverhältnis des
angenommenen Kindes zu allen Familienangehörigen herzustellen. Das
angenommene Kind solle nicht das Kind des einen Ehegatten und das
Stiefkind des anderen werden - zumal das geltende Recht
kein besonderes Recht der Stiefkinder kenne, das geeignet sei,
Konflikte zwischen Stiefelternteil und Stiefkind zu lösen. Dem Wohl
des Kindes entspreche es, wenn die Ehegatten die gleiche Bereitschaft
zeigten, für das Kind als eigenes Kind zu sorgen. Wenn die Annahme
durch beide Ehegatten daran scheitere, dass ein Ehegatte die
Elternpflicht nicht übernehmen wolle, solle die Annahme besser
unterbleiben. Das Ziel der Annahme solle es sein, dem Kind ein beständiges
und ausgeglichenes Zuhause zu verschaffen. Weiter wird ausgeführt, §
1741 Abs. 2 BGB zähle abschließend die Fälle auf, in denen ein
Ehegatte ein Kind allein annehmen könne. Weitere Ausnahmefälle sehe
der Entwurf nicht vor. Insbesondere lasse er die Annahme durch einen
Ehegatten allein nicht zu, wenn die Ehegatten längere Zeit getrennt
lebten, wie es etwa in Artikel 264 b des Schweizerischen
Zivilgesetzbuches vorgesehen sei. Zwar sei die häusliche Gemeinschaft
der Ehegatten in einem solchen Fall aufgehoben. Es solle jedoch jede
Spannung zwischen dem Verhältnis eines Ehegatten zu seinem
angenommenen Kind und dem Verhältnis zum anderen Ehegatten vermieden
werden. Die Annahme durch einen Ehegatten allein im Falle des
Getrenntlebens laufe dem Bestreben zuwider, dem Kind ein beständiges
und ausgeglichenes Zuhause zu verschaffen.
Auch
bei der Volljährigenadoption soll wie bei der Annahme eines Minderjährigen
möglichst kein Stiefkindverhältnis entstehen. Deshalb soll auch bei
der Volljährigenadoption u.a. die Vorschrift des § 1741 Abs. 2 BGB
insoweit anwendbar sein, als sie die Annahme durch einen Ehegatten
allein nur in Ausnahmefällen zulasse. Die Problematik der
Kindesannahme durch einen Ehegatten allein bei einem dauerhaften
Getrenntleben der Ehegatten hat der Gesetzgeber also berücksichtigt
und anders als im Recht ausländischer Staaten dahin bewertet, dass
auch in einer solchen Situation keine Kindesannahme durch einen
Ehegatten allein zugelassen werden soll. Diese Grundsätze hat der
Gesetzgeber uneingeschränkt auch auf die Volljährigenadoption übertragen
wollen. Durchgreifende
verfassungsrechtliche Bedenken gegen die aus der gesetzlichen
Vorschrift des § 1741 Abs. 2 BGB n.F. abzuleitende Rechtsfolge bestanden
nach Auffassung des OLG Hamm nicht. Das Kammergericht Berlin hat
bereits eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt
einer an das Bestehen der Ehe geknüpften Benachteiligung einer
verheirateten Person verneint. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang
auf die oben bereits wiedergegebenen Zielsetzungen des
Adoptionsgesetzes hingewiesen, eine vollständige Eingliederung des
Kindes in die Familie des Annehmenden zu gewährleisten und unerwünschte
Stiefkindverhältnisse zu vermeiden. Diese Erwägungen dienen
ausschließlich dem Wohl des angenommenen Kindes, dem sich der
Gesetzgeber bei der Gestaltung des neuen Rechtsinstituts der
Volladoption in erster Linie verpflichtet gefühlt hat. Deshalb stimmt
der Senat dem Kammergericht darin zu, dass in der Beschränkung der Möglichkeit
der Kindesannahme durch einen Ehegatten allein keine Benachteiligung
liegt, die gerade an das Bestehen der Ehe geknüpft ist.
Allerdings
kommt den Zielsetzungen des Gesetzgebers, die er mit dem Grundsatz der
ausschließlichen gemeinschaftlichen Kindesannahme durch Ehegatten
verbunden hat, bei der Volljährigenadoption, um die es hier geht, ein
deutlich geringeres Gewicht zu.
Denn die durch Adoption eines Erwachsenen entstandene Familie kommt
als Erziehungsgemeinschaft nicht mehr in Betracht. Sie ist in der
Regel nicht als Lebensgemeinschaft, sondern nur als Begegnungs- und möglicherweise
als Hausgemeinschaft angelegt (So das Bundesverfassungsgericht). §
1770 Abs. 1 BGB trägt diesem Gesichtspunkt Rechnung, indem die
Wirkungen der Annahme eines Volljährigen nicht auf die Verwandten des
Annehmenden erstreckt werden. Dementsprechend kann es bei der Volljährigenadoption
nicht mehr darum gehen, das angenommene Kind in den Familienverband
des Annehmenden unter Gleichstellung mit weiteren Kindern uneingeschränkt
einzugliedern. Gleichwohl ist die Erwägung des Gesetzgebers, auch bei
der Volljährigenadoption unerwünschte Stiefkindverhältnisse zu
vermeiden und bei dieser Adoptionsform ebenso an dem Grundsatz der
ausschließlich gemeinsamen Kindesannahme durch Ehegatten auch im
Falle des Getrenntlebens festzuhalten, von sachlichen Erwägungen
getragen, die sich im Rahmen des dem Gesetzgeber bei der Neuregelung
des familienrechtlichen Rechtsinstituts der Adoption einzuräumenden
Gestaltungsspielraums halten. Nicht
berührt wird der Schutzbereich des Grundrechts der Beteiligten auf
die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. Das Recht auf
freie Entfaltung der Persönlichkeit und damit auf Gestaltung ihrer
persönlichen Beziehungen wird nicht eingeschränkt. Aus Art. 2 Abs. 1
GG lässt sich deshalb ebenso wenig wie aus Art. 6 GG ein Anspruch auf
eine bestimmte rechtliche Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Volljährigenadoption
ableiten.
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